Selbstverständnis

Der gemeinnützige Verein Mensch Tier Bildung e.V. wurde 2015 von Wissenschaftler*innen, Pädagog*innen und ehrenamtlich Engagierten in Berlin gegründet. Er leistet emanzipatorische Bildungsarbeit zum gesellschaftlichen Mensch-Tier-Verhältnis. Wir möchten mit dieser Arbeit Menschen in unserer Gesellschaft, unabhängig von ihrem Bildungsgrad und Alter, zur Auseinandersetzung mit dem vorherrschenden Mensch-Tier-Verhältnis anregen. Das Ziel von Mensch Tier Bildung e.V. ist, die Teilnehmenden darin zu unterstützen, ein kritisches Bewusstsein bezüglich gesellschaftlicher Fragen zu entwickeln und sich zu diesen mündig zu positionieren.

Unsere Motivation

Tiere kommen in unserer Gesellschaft in vielen Bereichen vor: Sie werden beispielsweise in der Landwirtschaft zur Erzeugung von Produkten wie Fleisch, Milch oder Eiern gezüchtet; sie werden in der Forschung als Versuchstiere benutzt, als Heimtiere gehalten oder in Zoos und Zirkussen vorgeführt. Hier, aber auch in der von Menschen veränderten Umwelt, sind Tiere von Handlungen betroffen, die Menschen ausführen. Dabei spielen politische, wirtschaftliche und rechtliche Institutionen eine zentrale Rolle.

Das Verhältnis, das wir in unserer Gesellschaft zu Tieren aufgebaut haben, ist in sich widersprüchlich. Die Ambivalenz wird deutlich, wenn man sich die unterschiedlichen Beziehungen ansieht, die zwischen Menschen und Tieren in den verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen bestehen. So werden Tiere, die in Lebensgemeinschaften mit Menschen leben, größtenteils als Subjekte mit Eigenwert anerkannt, während sie in Wirtschaft und naturwissenschaftlicher Forschung meist als bloße Ressourcen angesehen werden. Diese Widersprüchlichkeit ist Folge der gesellschaftlichen Bedingungen und Verhältnisse, unter und in denen wir leben und arbeiten. Aber auch die kollektiven Überzeugungen, individuellen Einstellungen und Haltungen, die sich in den bestehenden Sozialverhältnissen ausgebildet haben, finden in dem (widersprüchlichen) Mensch-Tier-Verhältnis ihren Ausdruck.

Wie Menschen mit Tieren umgehen und welche Einstellungen gegenüber Tieren vorhanden sind, wird in unserer Gesellschaft zunehmend diskutiert. Dabei werden grundlegende Gerechtigkeitsfragen aufgeworfen und unser Umgang mit Tieren auch daraufhin bewertet, ob er gesellschaftlichen Zielvorstellungen eines respektvollen und solidarischen Miteinanders entspricht.

Immer mehr Menschen zeigen ein starkes Interesse an Fragen der Tiernutzung und an den damit zusammenhängenden gesellschaftlichen, politischen, ethischen und ökologischen Problemen. Ihrem Informations- und Diskussionsbedarf kommen die klassischen Bildungseinrichtungen bisher jedoch kaum nach. Diese Lücke wird zunehmend von Lobbyinstitutionen, insbesondere der Agrarindustrie, genutzt, um mit eigenen Materialien und Veranstaltungen ein einseitiges Bild vom Umgang mit Tieren in der Landwirtschaft zu verbreiten. Auf dieser Grundlage kann jedoch keine sinnvolle Auseinandersetzung über dieses gesellschaftlich relevante Thema stattfinden. Das vorherrschende, in vielen Bereichen gewaltförmige Mensch-Tier-Verhältnis fordert hingegen zur Aufklärung, Bewusstmachung, kritischen Reflexion sowie zur direkten und politischen Einmischung auf.

Unser Verständnis von Bildungsarbeit

Mensch Tier Bildung e.V. möchte die Teilnehmenden in unseren Bildungsangeboten dazu ermutigen und befähigen, sich gesellschaftskritisch mit dem bestehenden Mensch-Tier-Verhältnis sowie dessen Bedingungen und Folgen auseinanderzusetzen. Als Teil der Gesellschaft ist das Mensch-Tier-Verhältnis von Menschen gemacht und damit veränderbar. Es ist aus unserer Sicht nicht isoliert zu betrachten, sondern steht in engem Zusammenhang mit anderen gesellschaftspolitischen Fragestellungen.

Durch unsere Bildungsarbeit möchten wir Reflexions- und Erfahrungsprozesse ermöglichen, in deren Rahmen das gesellschaftliche Zusammenleben kritisch betrachtet und Veränderungsmöglichkeiten erarbeitet werden können. Veränderungsbedarf erkennen sowie Veränderungsprozesse anstoßen und gestalten zu können, setzt bestimmte Fähigkeiten und eine eigene Positionierung voraus. Zentral für eine emanzipatorische Bildungsarbeit ist somit nicht nur die kritische Wissensproduktion und -vermittlung. Entscheidend ist auch die Ausbildung von jenen Haltungen und Kompetenzen, die eine mündige Auseinandersetzung mit der Welt ermöglichen – und somit auch eine kritisch-reflektierte Aneignung von Wissen. Hierzu gehört:

  • Bestehendes – auch die eigene Praxis – selbstständig überdenken, anzweifeln, interpretieren;
  • Wissen überprüfen und anhand von neuen Kenntnissen und eigenen Erfahrungen bewerten;
  • Perspektivenwechsel einnehmen und Empathiefähigkeit ausweiten;
  • emanzipatorische Haltungen ausbilden, Urteilsfähigkeit entwickeln, sich kritisch in Diskussionen einmischen, Position beziehen;
  • selbstbestimmt Handlungsmöglichkeiten schaffen und wählen und solidarisch am gesellschaftspolitischen Prozess teilnehmen.

In diesen offenen Lernprozessen

  • sensibilisieren wir zum Anderswahrnehmen, ermutigen zum Andersdenken und unterstützen die Teilnehmenden bei der Suche nach einem Andershandeln (Hierbei sind wir stets machtkritisch und positionieren uns gegen jede Form von menschenfeindlichen Ideologien und Praxen.);
  • geben wir Anstöße, bieten Interpretationen an, stellen Fragen und nehmen die Fragen und Interpretationen der Teilnehmenden auf;
  • orientieren wir uns an den Bildungsinteressen der Teilnehmenden, stellen Informationen zur Verfügung und geben Hilfestellungen bei der eigenen Suche nach Informationen und Erklärungen;
  • variieren wir unsere Methoden je nach Hintergrund und Zugang der Teilnehmenden sowie je nach den Möglichkeiten und Wünschen vor Ort;
  • bieten wir Lernmöglichkeiten, setzen den Lernrahmen und verändern diesen im wechselseitigen Austausch mit den Teilnehmenden. Dabei achten wir auf eine hierarchiekritische Herangehensweise und stellen an uns den Anspruch, den Teilnehmenden auf Augenhöhe zu begegnen.

Die Arbeitsweise des Vereins

Wir treffen unsere Entscheidungen grundsätzlich im Konsens und versuchen, unser eigenes Wirken immer wieder selbst- und hierarchiekritisch zu hinterfragen. Wir unterstützen uns gegenseitig und achten auf einen solidarischen und respektvollen Umgang miteinander.

Als Verein arbeitet Mensch Tier Bildung e.V. selbstständig und unabhängig und ist gegenüber unseren Förder*innen und Projektpartner*innen nicht weisungsgebunden.